PRUEFUNG - VERSUCHUNG

Das Wort Prüfung lässt uns an zwei Tatsachenreihen denken. Die eine Reihe weist in die Richtung de Tätigseins: ein Examen, ein Wettbewerb; die zweite Reihe liegt auf der Linie des Erleidens: eine Krankheit, ein Schmerz, ein Misserfolg. Wenn das Wort von der ersten zur zweiten Bedeutung übergegangen ist, so vielleicht deshalb, weil das Leid im Sinne einer Weisheit, die bereits religiöser Natur ist, als ein Test empfunden wird, der den Menschen offenbart. In der Bibel hat der aktive Sinn den Vorrang. nsh, bhn, hqr, peirazo, diakrino, um nur die wichtigsten Wurzeln zu nennen, bedeuten ,,der Prüfung unterziehen", hinter dem keine Sicherheit bietenden Schein die tiefere Wirklichkeit zu erkennen suchen. Gleich einer Legierung, gleich einem jungen Manne muss der Mensch ,,seine Prüfung bestehen". Darin liegt an sich nichts Betrübnis Verursachendes. Versuchen heisst auch ,,einen Versuch machen". Wenn aber der Versuch zur Versuchung wird und die Prüfung in ein kritisches Stadium eintritt, dann muss der Mensch seine wirkliche innere Einstellung offenbaren. Auf diese Art und Weise versucht Gott den Menschen. Die Bibel hebt diese Prüfung besonderer Art, die die Versuchung darstellt, besonders heraus, weil sie unvermerkt ins Böse einzubiegen scheint. Denn hier tritt eine dritte Persönlichkeit auf den Plan: der Versucher. Hier ist es nicht mehr Gott, der versucht. So handelt es sich in Gn 2, 17 um eine Prüfung, in Gn 3 um eine Versuchung (vgl. Jak 1, 1 - 12 und 1, 13 ff). Die Erfahrung der Prüfung und der Versuchung ist nicht einfachhin sittlicher Ordnung. Sie fügt sich in ein religiöses und historisches Drama ein, sie fordert in der Zeit unsere Freiheit Gott und dem Satan gegenüber heraus. An den Menschen werden in den verschiedenen Etappen des Ratschlusses Gottes Fragen gerichtet. Dabei wird sein ganzes Leben in seinem Verhältnis zu Gott unter allen Gesichtspunkten in Frage gestellt, wenn auch der Akzent gelegentlich nur auf einem von diesen liegen kann.

AT

I. Die Prüfung des Volkes Gottes

Im Bewusstsein Israels hat das Drama mit seiner Erwählung begonnen, mit der Verheissung, durch die Bundesschliessung zum Gottesvolke zu werden. Doch sollte die dadurch geweckte Hoffnung einer Läuterung bedürfen.

1. In einem ersten Stadium wird der Mensch aufgerufen, zur Verheissung Stellung zu nehmen. Es ist die Prüfung seines Glaubens Es ist die Prüfung Abrahams, Josephs, des Moses, Josues (Hebr 11, 1 - 40; Sir 44, 20; 1 Makk 2, 52). Das hierfür typische Geschehnis ist wohl die Opferung Isaaks (Gn 22): Bevor Gott seine Verheissung erfüllt, muss der Glaube des Menschen zum freigewollten Gehorsam werden, der zwei Willen aufeinander abstimmt. Die Versuchung, die in den 40 Jahren der Wüsten Wanderung an Israel heran tritt (Dt 8, 2), liegt darin, dem Gott des Pascha den Glauben zu versagen und ihm die Fleischtöpfe AEgyptens vorzuziehen. Sie zieht ein Gericht nach sich, das Pascha aber findet erst bei jenem Geschlecht seine Vollendung, das Glauben besitzt. Nur dieses erbt das Land der Verheissung. Die Erfahrung der Wüste ermöglicht es, dem Ausdruck ,,Gott versuchen" seinen theologischen Inhalt zu geben. Entweder will sich der Mensch der Prüfung entziehen, indem er von Gott verlangt, sie zu beenden (vgl. die Gegenüberstellung von Ex 15, 25 und 17, 1 - 7), oder er begibt sich in eine ausweglose Situation, ,,um zu sehen, ob" Gott imstande ist, ihn daraus zu befreien, oder er fordert trotz evidenter Zeichen hartnäckig weitere ,,Beweise" des göttlichen Willens (Ps 95, 9; Mt 4, 7; Apg 15, 10; 1 Kor 10, 9).

2. Mir dem Häuflein Menschen, das er zu einem Volke gemacht hat, schliesst Gott einen Bund In dieser zweiten Etappe bezieht sich die Prüfung auf die Treue zum Bunde. Man kann sie als die Prüfung der Liebe bezeichnen. Das Volk hat zwar versprochen, seinem Gotte zu dienen (Jos 24, 18), doch ist es geteilten Herzens. Die Prüfung zwingt die Liebe zur Entscheidung und zum Beweis, sie reinigt das Herz Es ist ein langwieriges Werk, das Gott damit in die Hand nimmt (Bild vom Feuer und vom Erzgiesser: Is 1, 25f). Langsam entstehen Gesetzeswerke (Bundesgesetz, Heiligkeitsgesetz, Priesterkodex), aus denen der Ruf nach Heiligkeit vernehmbar wird, den Gott an sein Volk richtet (Lv passim). Dieser neuen Prüfung entspricht ein neues Gericht: Das Exil die Rückkehr in die Wüste ist die Strafe für den Götzendienst der ein Ehebruch ist (Os 2).

3. Nur ein kleiner Rest wird geläutert aus der Gefangenschaft hervorgehen. Das Verhalten Gottes in der Prüfung Israels Jahve (1 Kg 19, 18) und Jesus gegenüber (Röm 11, 1 - 5) ist dasselbe, in allen diesen Fällen ist es reine Gnade wenn ein Rest aus der Prüfung hervorgeht. Die Gefangenschaft und die lange, auf sie folgende Periode beweisen zur Genüge, wie wenig die Verheissung, menschlich gesprochen, Aussicht auf Verwirklichung besitzt. Unbestimmte Aufschübe, Widerstände, Verfolgungen, ja selbst die Schwäche des Volkes werfen nicht so sehr die Frage um den Glauben an das Wort Jahves oder der Treue zu seinem Bunde auf als die um die Erfüllung seiner Verheissungen selbst. Auf diese Weise wird die Prüfung des kleinen Restes in der Zeit vom Exil bis zum Messias in erster Linie zu einer Prüfung der Hoffnung Das Reich Gottes erscheint in unendliche Fernen entrückt. Es ist die Versuchung des gegenwärtigen Augenblicks, des ,,Diesseits", die Versuchung der Welt Das Volk Gottes gerät in die Gefahr, sich zu säkularisieren, und wird sich des Wirkens dem Satans des ,,Fürsten dieser Welt", mehr und mehr bewusst (Jb 1 - 2). Diese Prüfung der Hoffnung ist die tiefstgreifende, läuterndste. Je näher Gott ist, desto mehr prüft er (Jdt 8, 25 ff). Die Prüfung endet in einem letzten Gericht: im Kommen des Reiches Gottes, im Einbruch der künftigen Welt in diese Welt.

II. Die Prüfung der menschlichen Daseinsweise

Das AlteTestament hat uns noch eine zweifache Botschaft zu vermitteln

1. Auf dem Boden des Einzelmenschen. Die Reflexion der Weisen, die die Prüfungen des Volkes in den persönlichen Bereich übertragen, beschäftigt sich mit einem weiteren Gesichtspunkt der Prüfung: mit dem Leiden vor allem mit dem Leiden des Gerechten. Hier erreicht die Prüfung ihr Maximum an Schärfe - und die Gegenwart Gottes ihr Maximum an Nähe, denn hier wird der Mensch nicht mehr dem Unmöglichen, sondern dem Absurdum gegenübergestellt. Wenn die Versuchung diesen Grad an Schärfe erreicht hat, handelt es sich nicht mehr um den Zweifel an der Macht Gottes, es handelt sich nicht mehr darum, ihm untreu zu werden und ihm die Welt vorzuziehen. Hier geht es um die Beleidigung Gottes, um die Gotteslästerung die Art, wie der Satan für Gott Zeugnis ablegt. Das Buch Job eröffnet die Debatte und flüchtet sich in das Geheimnis der Weisheit Gottes, nicht im Sinn eines Alibi, sondern aus einer unbestimmten Erkennmis heraus, dass die Prüfung den Menschen für das Geheimnis Gottes in wachsendem Maße bereitet (vgl. Gn 22). Klarere Ansätze zur Beantwortung der Frage liegen im Lied vom Knechte Jahves vor (Is 52, 13 bis 53, 12), vor allem aber in jenen Büchern, die zur Zeit der grossen Drangsal geschrieben wurden (Dn 9, 24 - 27; 12, 1 - 4; Weish passim). Hier erscheint die Prüfung auf dem Boden des einzelnen Lebens als unlösbares Rätsel; ihr Ursprung liegt ausserhalb des Menschen (Weish 1, 13; 2, 24), sie ist ein Tatbestand der Natur, der das ganze Menschengeschlecht betrifft. Nur ein Mensch könnte das Leben von ihr befreien, der ihr Gewähr dafür böte, dass der Satan keine Gewalt über ihn besässe, der in Solidarität mit den ,,Vielen" stünde und deren Stellvertretung übernähme. Das Gericht aber wird beim Kommen des Gottesknechtes erfolgen.

2. Auf dem Boden der menschlichen Natur. Diese Schlussfolgerungen, die das Gepräge der priesterlichen Reflexion an sich tragen, decken sich mit jenen anderen, die den Erzählungen der Genesis, die sich mit den Anfängen befassen, zu entnehmen sind und die an die letzten Tiefen der menschlichen Daseinsweise rühren. Die Auserwählung ist letztlich die ausdrucksvollste Offenbarung der ungeschuldeten Liebe Gottes, seiner freien Wahl. Deshalb verlangt sie vom Menschen auch das Maximum an Freiheit in seiner Antwort. Ist doch die Prüfung gerade das Feld, das für diese Antwort freigegeben ist. Gn 2 zeigt in bildhafter Weise jene ungeschuldete Sorge für den Herrn der Schöpfung auf, den der Mensch darstellt. Eine solche Liebe der Wahl wird nicht erzwungen, sondern in Freiheit erwählt. Daher die Prüfung durch den Baum der Erkenntnis (Gn 2, 17). Auf diese Weise wird die menschliche Beschaffenheit in ihren Grundlagen sichtbar: der Mensch ist ein solcher auf Grund der beständig vorhandenen Möglichkeit, sich für Gott zu entscheiden, dessen Bild und Gleichnis er auf Grund seiner Berufung ist. Nun aber hat Adam sich selbst zum Gott gewählt (Gn 3, 5). Auf diese Weise ist zwischen Prüfung und Entscheidung eine Krise, die Versuchung, entstanden, deren persönlicher Urheber der Satan ist (Gn 3; vgl. Jb 1 - 2). Wie man sieht, ist die Versuchung mehr als die Prüfung, selbst wenn diese ihren höchsten Grad erreicht. Denn es sind neue Elemente hinzugekommen: der Böse, der auch der Lügner ist, erscheint als Verführer. Der Mensch entscheidet sich für seine Einsamkeit nur deshalb, weil er darin das Leben zu finden glaubt; wenn er darin nur Blösse und Tod findet, so deshalb, weil er getäuscht worden ist. Seine Prüfung bringt also grundlegend einen Kampf gegen die Lüge mit sich, ein Ringen, sich im Sinne der Wahrheit zu entscheiden, weil man nur in ihr die Freiheit lebendig erfahren kann (Jo 8, 32 - 44). Darin liegt die letzte Antwort auf die Reflexion der Weisen. Der Mensch ist in eine Prüfung hineingestellt, die über seine Kräfte geht und die er nur auf Grund einer Verheissung bestehen kann, die Gnade ist (Gn 3, 15), durch das Kommen jener Nachkommenschaft, die der Prüfung ein Ende setzen wird.

NT

I. Die Prüfung Christi

Christus wird vom Satan in jene Situationen hineingestellt, in denen Adam und das Volk versagt hatten und durch die die Armen der Vernichtung preisgegeben schienen. In ihm fallen Prüfung und Versuchung zusammen und werden überwunden, denn dadurch dass er sie besteht, führt Jesus die Liebe der Erwählung zum Siege, aus der sie hervorgegangen sind. Christus ist die verheissene ,,Nachkommenschaft", der Erstgeborene des neuen Volkes. In der Wüste (Lk 4, 1) besiegt Jesus den Versucher auf seinem ureigensten Boden (Lk 11, 24). Er ist der Mensch der sich letztlich und wesentlich vom Wort Gottes nährt, zugleich aber auch , ,Jahve der Erlöser", den sein Volk unablässig versucht (Mt 16, 1; 19, 3; 22, 18). Jesus ist der treue König, der gute Hirte, der die Seinen liebt bis ans Ende. Das Kreuz ist die grosse Prüfung (Jo 12, 27f), durch die Gott den Beweis (die Probe) für seine Liebe erbringt (3, 14 ff). Jesus ist der kleine Rest, jener Rest, auf den der Vater die ganze Grösse seiner Liebe der Erwählung vereinigt hat. Diese Gewissheit, der Sohn zu sein, ist es, die ihn gleichzeitig zum Gegenstand des Hasses der Welt und zum Sieger über die Welt macht (Jo 15, 18; 16, 33). Jesus ist der Knecht und das Lamm Gottes. Indem er die Sünde des Menschen auf das Kreuz hinaufgetragen hat, hat er die Versuchung zur Gotteslästerung in die Klage des Sohnes und den sinnlosen Tod in eine Auferstehung umgewandelt (Mt 27, 46; Lk 23, 46; Phil 2, 8f). Da er der neue Adam und das Bild des Vaters ist, ist seine Versuchung eine solche des Hauptes; sie schiebt sich zwischen seine Sendungs-Theophanie und die Ausübung dieser Sendung ein (Mk 1, 11 - 14). Er wird ihr während dieser ganzen Zeit gleichsam als Kontrapunkt gegen den Willen des Vaters stets von neuem begegnen; und dies in Gestalt seiner Verwandten (Mk 3, 33 ff), Petri (Mk 8, 33), der geforderten Zeichen vom Himmel (Mk 8, 12), eines irdischen Messianismus (Jo 6, 15). Schliesslich sollte die letzte Etappe seiner Sendung mit der letzten Versuchung beginnen, mit der der Agonie (Lk 22, 40. 46). Nachdem Christus auf diese Weise vorn Anfang bis zum Ende seiner Sendung den Sieg über den Versucher errungen hat (Lk 4, 13), weist er der neuen Menschheit schliesslich ihren wahren Standort zu: durch die Berufung zur Kindschaft (Hebr 2, 10 - 18).

II. Die Prüfung der Kirche

Aus der Prüfung Christi geht die Kirche als die vom Gottesknecht gerechtfertigte Vielzahl hervor (Is 53, 11), und ihre Sendung nimmt denselben Verlauf wie die Christi (2 Tim 2, 9 ff; Lk 22, 28 ff). Die Taufe, in der das Pascha Christi zu dem der Kirche wird, ist eine Prüfung (Mk 10, 38f) und kündigt weitere Prüfungen nach ihrem Empfange an (Hebr 10, 32 - 39). Hier geht das Vokabular der Prüfung in das des Leidens (thlipsis = Drangsal, diogmos = Verfolgung und der Geduld über (vor allem hyponome = Beharrlichkeit). Die Töne, die im Neuen Testament dabei mitschwingen, sind mehr eschatologischer als psychologischer Natur. Das Heranstehen der Wiederkunft des Herrn verschärft den Gegensatz zwischen Licht und Finsternis aufs äusserste. Die Kirche ist der Ort der Prüfung, der Ort, wo die Verfolgung die Treue festigen muß (Lk 8, 13 ff; 21,12 - 19; Mt 24, 9 - 13) und wo der Mensch aus der Drangsal ,,erprobt" hervorgeht. Diese Prüfung der Kirche ist apokalyptischer Natur. Sie offenbart Wirklichkeiten, die dem fleischlichen Menschen verborgen sind, sowie den Grad der Verantwortung, die jedem einzelnen in jener grossen Sendung zugeteilt ist, die vom Vater kommt: Christus (Hebr 2, 14 - 18), Petrus (Lk 22, 31f), den Jüngern (Lk 21, 12f), der gesamten Kirche, die die Treue bewahrt (Apk 2, 10). In diesem Sinn gipfeln Prüfung und Sendung im Martyrium Der grosse eschatologische Kampf aber, der die der Kirche eigentümliche Prüfung ist, offenbart auch den eigentlichen Urheber der Versuchung: Gott prüft die Seinigen, aber nur der Satan versucht sie (Lk 22, 31; Apk 2, 10; 12, 9f); die geprüfte Kirche entlarvt den Verführer, den Ankläger, legt aber mit Hilfe ihres Parakleten jenes sieghaften Geistes, der sie zum Ziele des Pascha führt, auch Zeugnis ab (Apk 2 - 3; Lk 12, 11f; Jo 16, 1 - 15). Deshalb erscheint sie in den Apokalypsen verfolgt und gerettet zugleich (Dn 12, 1; Apk 3, 10; 2 Petr 2, 9). Die Prüfung kennzeichnet also die Daseinsweise der Kirche, die noch geprüft werden muß und doch schon gerettet ist, die noch der Reform bedarf und doch schon Siegerin ist. Die kirchlichen Versuchungen im eigentlichen Sinne kommen meist aus der Vernachlässigung einer dieser beiden Komponenten.

III. Die Prüfung des Christen

Die Verkündigung des Evangeliums vollzieht sich mitten in der eschatologischen Drangsal (Mt 24, 14). Die Prüfung ist also vor allem jenen vonnöten, die mit dem Dienste des Wortes betraut sind (1 Thess 2, 4; 2 Tim 2, 15), damit sie daraus kein Geschäft machen (2 Kor 2, 17). Die Prüfung ist das Zeichen der Sendung (1 Tim 3, 10; Phil 2, 22). Sie macht die falschen Sendlinge kenntlich (Apk 2, 2; 1 Jo 4, 1). Gott durchforscht die Herzen und prüft sie (1 Thess 2, 4). Er lässt die Versuchung nur zu (1 Kor 10, 13). Diese stammt vom Versucher (Apg 5, 3; 1 Kor 7, 5; 1 Thess 3, 5), der sich der Welt (1 Jo 5, 19) und vor allem des Geldes bedient (1 Tim 6, 9). Deshalb muß man beten, nicht in Versuchung zu ,,fallen" (Mt 6, 13; 26, 41), denn diese führt zum Tode (Jak 1, 14f). Diese Haltung kindlichen Gebetes steht im Gegensatz zu jener anderen, die Gott versucht (Lk 11, 1 - 11). Die Prüfung - auch die Versuchung, so fern man ihr nicht anheimfällt, ist eine solche - ist auf das Leben hingeordnet. Sie ist eine Gegebenheit des Lebens in Jesus Christus: ,,Alle, die in Christus fromm leben wollen, werden Verfolgungen erleiden" (2 Tim 3, 12). Sie ist eine unabdingbare Voraussetzung des Wachstums (vgl. Lk 8, 13 ff), der Bewährung (1 Petr 1, 6f: im Hinblick auf das Gericht), des Erweises der Wahrheit (1 Kor 11, 19: zur Begründung, warum es unter den Christen Spaltungen geben muß), der Demut (1 Kor10, 12), mit einem Wort, sie ist der Weg zum inneren Pascha, der Weg der mit Hoffnung gepaarten Liebe (Röm 5, 3 ff). Ein ,,erprobter" Christ sein und das Wirken des Heiligen Geistes erfahren ist deshalb ein und dasselbe. Die Prüfung erschliesst für eine weitere Eingiessung des Heiligen Geistes, vollbringt er doch schon in ihr sein Werk der Befreiung. Solcherart befreit, ist der erprobte Christ in der Lage, alle Dinge zu unterscheiden, zu bewerten, zu ,,prüfen" (Röm 12, 2; Eph 5, 10). Dieses neue Gespür für die richtige Beurteilung wirkt der Heilige Geist (1 Jo 2, 20. 27). Hier liegt, theologisch gesehen, die Quelle der Gewissenserforschung, die keine geistige Rechenaufgabe ist, sondern eine auf das Tun ausgerichtete Beurteilung, wo sich jeder im Lichte des Heiligen Geistes prüft (2 Kor 13, 5; Gal 6, 1). Die Bibel fordert dazu auf, der Prüfung einen auf Gott gerichteten Sinn zu verleihen. Die Prüfung ist ein ,,Gott Entgegenschreiten" auf dem Wege, den sein Wille vorgezeichnet hat. Die verschiedenen Gesichtspunkte der Prüfung (Glaube, Treue, Hoffnung, Freiheit) vereinigen sich in der grossen Prüfung Christi, die in der Kirche und in jedem Christen ihre Fortsetzung und in einer kosmischen Neugeburt ihre Vollendung findet (Röm 8,18 - 25). Das Schmerzliche an der Prüfung erhält aus dem eschatologischen Kampf heraus seinen Sinn. Im Plane Gottes, der auf die Einbeziehung des Menschen in das göttliche Leben durch Christus abzielt, ist die Prüfung und ihre satanische Auswertung in Form der Versuchung unvermeidbar. Sie bewirken das UEbergehen von der angebotenen zur erlebten Freiheit, von der Auserwählung zum Bunde. Die Prüfung bereitet den Menschen für das Geheimnis Gottes. Für den verwundeten Menschen aber ist die Nähe Gottes um so schmerzlicher, je innerlicher sie ist. Der Heilige Geist lässt uns im Geheimnis des Kreuzes den UEbergang von der ersten zur zweiten Schöpfung erkennen, den UEbergang von der Selbstsucht zur Liebe. Die Prüfung hat etwas OEsterliches an sich. Abraham